6
Feb
2009

Menschen zwischen den Welten

als ich heute unterwegs war kam ich die Bahntreppe hoch und sah im Blickwinkel links einen Mann stehen ... in sich gekauert, den Kopf gesenkt, verschmutzt ... ein Häufchen Elend. Ich weiß nicht wieso ... aber ich fühlte diese Traurigkeit, die den Mann umgab, spürte seine Hoffnungslosigkeit und die Trostlosigkeit seiner Situation. Er bettelte nicht ... nein, er stand einfach da. Ich ging ein paar Schritte, nahm mein Portemonnee und suchte 50 cent raus. Nicht viel - ich weiß - aber auch ich hab eigentlich nix zu verschenken und normalerweise gebe ich den Menschen auf der Straße, denen ich Alkoholkonsum ansehe gar nix ... aber heute wollte ich irgendwie ein kleines bißchen "Licht" in seinen Tag bringen und ging auf ihn zu und legte ihm das Geld in die Hand. Er schaute mich noch nicht mal an ... doch ich sah seine Augen, die leer und stumpf waren, so als ob sie das ganze Leid dieser Welt gesehen hätten.
Manchmal fühle ich mich hinterher besser, wenn ich einem Menschen ein paar Cents geben kann (ich gebe jedoch nicht oft und vor allem nicht jedem) - aber heute bewegten mich noch lange die Empfindungen, die ich wahrgenommen habe. Ich ging im Anschluß ja zum Bürgeramt und mußte dort ne Weile warten ... irgendwie musste ich dort echt mit den Tränen kämpfen über das Schicksal der Menschen, die hier am Rande der Gesellschaft leben. Sie wühlen in den Mülltonnen, ihrer Würde und ihres Respektes beraubt, sie heben Zigarettenkippen auf um den kurzen Trost beim Zug an einer Zigarette zu spüren, zerstören ihren Körper und ihren Geist mit Alkohol ... irgendwas läuft so falsch ... ist ein Leben mehr wert, als das eines anderen? Sollte nicht jeder Mensch eine zweite Chance bekommen? Viele resignieren sicherlich und wollen auch gar nicht mehr - aber das ist sicher das Ergebnis ihres Lebens und vielleicht auch ein schwacher Charakter bzw. mangelnde Willensstärke.
WIr haben einen Bekannten, der, bevor wir ihn kannten, sehr stark alkoholabhängig war. Er trank eigentlich nur, sein Spitzenwert war wohl bei 3,5 Promille als er mal wieder im Krankenhaus war ... sein Vater verstarb (mit ihm hatte er immer zusammen gewohnt und ihn bis zu seinem Tode lange gepflegt) und er übernahm die Wohnung, da mußte er sich überlegen ob er lieber sich zu Tode saufen will und dann obdachlos irgendwo haust oder aufhört zu trinken ... und er hat sich wirklich für das Letztere entschieden und von heute auf morgen aufgehört ... ich bewundere ihn sehr für diese Entscheidung und Willensstärke ... er hat es auch noch alleine gemacht OHNE Klinik ... nicht ganz ungefährlich ... RESPEKT! Aber er hatte ja was zu verlieren... die Wohnung, viele andere Menschen haben nichts mehr zu verlieren, wofür also noch kämpfen? haben vielleicht keinen Menschen, der ihnen etwas bedeutet, oder denen sie etwas bedeuten, also für wen kämpfen?
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